Zurück

Wolfsburger Nachrichten, 06.04.2004

 

Kunstwerke aus Sand, Stein und Leim

 

Ruthild Tillmann stellte in Ägypten aus - Workshops mit Kairoer Studenten - Sammlung für Minenräumung

 

Von Hans-Adelbert Karweik

 

Sand, wohin man auch blickt. Im Westen des Landes die Libysche Wüste, am Roten Meer die Arabische Wüste. Den Sinai bedeckt ebenfalls größtenteils die Wüste. Nur der Nil, der 1550 Kilometer lang das Land durchflutet, bietet am Ostufer und im bis zu 250 Kilometer breiten Delta Lebensraum mit einem dichten Netz aus Kanälen. Ägypten also ist ein geradezu ideales Land für Ruthild Tillmann - für eine Künstlerin, die ihre Werke aus Sand und Steinen schafft.

 

Soeben ist die Studienrätin außer Dienst von einer neuen 14-tägigen Reise nach/ Kairo zurückgekehrt. Schon im November 2003 hat sie 17 ihrer Arbeiten an der dortigen Heluan-Universität, Faculty of Fine Arts, Fakultät der Schönen Künste, ausgestellt. Dass es nicht bloß beim Ausstellen blieb, ist für eine Pädagogin wie Ruthild Tillmann selbstverständlich. In Workshops hat sie mit zunächst 20, dann nochmals 28 Studenten weitere Sandbilder geschaffen.

 

Sand, meist nur bis zu zwei Millimeter Durchmesser je Korn messend, ist das 'feinste Gestein der Erde, vorkommend an Flüssen und Seen, in Dünen und Wüsten. Ruthild Tillmann hat, vor allem seit sie 2001 den Schuldienst quittiert hat, Sande, Kies, Split, Kiesel, Steine und Erde mit Hilfe von guten Bindemitteln zu Kunstwerken verarbeitet, die irgendwie an die Kunst der australischen Aborigines erinnern.

 

Sie leugnet das nicht, obgleich sie jetzt in Ägypten war, wo schon 3000 Jahre vor Christus eine Hochkultur bestanden hat. Aber die Aborigenes verwenden wie sie Sandfarben, was den Bildern diesen leicht stumpfen, irdenen Ausdruck gibt. Auch sie stellen in ihrer Kunst ihr Land dar. Sie verwenden Symbole statt konkreter Abbildungen. Und sie sehen ihre Kunst in spirituellem Bezug zum Immateriellen. Insofern sind diese Parallelen zu Ruthild Tillmanns Arbeiten zulässig.

 

Die Ägypter hat beeindruckt, dass sie überhaupt etwas mit dem reichlich im Land vorhandenen Sand anfangen könne, diesen sogar zu Kunst machen könne. Und dass sie dabei die Symbolik der uralten ägyptischen Pharaonenkultur mit ihren bereits kosmische Konstellationen beachtenden Darstellungen berücksichtigt hat, Auch das Licht spielte im Alten Ägypten eine große Rolle. Im Werk Ruthild Tillmanns ebenfalls.

 

Diese meditativen Wirkungen sind gewollt. Die 64-Jährige möchte mit ihren Arbeiten zum Nachdenken anregen über religiöse und philosophische Fragen, damit über die Grundfragen des Seins. Darum sind viele ihrer Werke inzwischen Dauerleihgaben im Andachtsraum der St.-Annen-Gemeinde im Cafe Anna, Reislinger Markt. So titelte sie auch ein in Ägypten aus Sakkara-Sand und Allerweltsglitter entstandenes Bild mit Horusauge „Ägyptische Impressionen", ein aus Kalahari-Sand geformtes „Seelen-Landschaft".

 

Technisch gesehen bindet Ruthild Tillmann die auf Lanzarote, den Kanarischen Inseln, den Kanalinseln, Ligurien, Ägypten und Tunesien, sogar in der Mühlenriede gesammelten Steinchen mit Leim und Kleister. Inhaltlich empfindet sie ihre Arbeiten als Huldigungen an die Schönheiten der Natur und somit an die Schöpfung.

 

Deshalb tritt die Wolfsburger Künstlerin für die Minenopfer in Ägypten ein. In El Alamein, betonte sie, wo „Wüstenfuchs Rommel" sich mit den Briten erbitterte Gefechte geliefert hatte im Zweiten Weltkrieg, liegen „immer noch Millionen von Minen: eine schlummernde Gefahr, die wir als Deutsche mit verursacht haben." Um deren Beseitigung voranzubringen, ist sie als Künstlerin nach Ägypten gegangen und sammelt Spenden für die ägyptische Hilfsorganisation Peace Garden:

 

Spendenkonto: Ruthild Tillmann. 132010001, Bankleitzahl 269 51311, Stichwort: „Minenofper El Alamein."

 

 

Zurück